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Weissmies via Nordgrat

Weissmies

Mountaineering/Alpine
ZS+, 4a
Date of tour
12.7.2020
Tour started at
03:47
Tour finished at
16:29
Active time in hours
12 hrs
Distance in km
14 km
Ascent
1050 m
Descent
2506 m
Lowest point
1703 m
Highest point
4017 m
mountain (alpine)
Weissmies 4017 m
glacier
Triftgletscher
valley
Saastal
Laggintal
Almagellertal
building
Almagellerhütte 2894 m
city/place
Saas-Almagell
Saas-Grund
mountain pass
Zwischbergenpass 3268 m

Am Sonntag hiess es Aufstehen um 3 Uhr. Ein langer Tag stand uns bevor. Abmarsch um 3:47 Uhr hinauf zum Lagginjoch. Wir hatten am Vorabend noch darüber diskutiert, ob wir uns auf dem gut gefrorenen und spaltenarmen Gletscher anseilen sollten, und taten dies pflichtbewusst. Gebraucht hätte es das wohl nicht, geschadet hat es - zum Glück - auch nicht. Der Weg überraschte dann doch ein wenig. Was von unten noch wie ein gemütlicher Hatscher über ein weisses Firnfeld ausgesehen hatte, war dann doch steiler als gedacht und in diversen blankeren Stellen war es nötig, die Steigeisen gut zu setzen.

Um 5 Uhr kamen wir am Lagginjoch an. Wie so oft an solchen Stellen verhalf ein Fixseil über die platten Steine hoch auf den Punkt zwischen Lagginhorn Südgrat und Weissmies Nordgrat. Wir teilten uns in Zweier-Seilschaften auf und kletterten los. Das Wetter war perfekt, aber es war noch kalt, unsere Finger wurden taub. Und dann gleich die ersten plattigen 3er-Stellen zum „warm werden“. Auf was hatte ich mich da wieder eingelassen? Ich spürte meine Finger kaum, hatte kein gutes Gefühl beim Klettern - schliesslich war es auch wieder das erste Mal in diesem Gelände seit über 9 Monaten!

Doch dann wurde es langsam besser. Die Sonne ging auf und tauchte den Fels und alle umliegenden Gipfel in dieses fantastische goldene Licht. Das Panorama hinüber zur Mischabelgruppe war herrlich, kein Wölkchen war am Himmel, und mit der Sonne kam zwar auch mehr Wind, aber immerhin etwas Wärme in die kalten Finger, und Mut und Zuversicht in den Kopf.

Als wir uns „eingegroovt“ hatten, ging die 2er und 3er-Kletterei gut von der Hand. Wir kletterten meistens gleitend und Jan sicherte die schwierigen Stellen klassisch mit Standplatz ab. Am 4a-Turm musste ich dann aber doch kurz schlucken. Wo waren nochmal die Griffe und die Tritte? Nur dieser kleine Riss für meine klobigen Bergschuhe? Der bärtige Typ aus der Seilschaft hinter uns stand plötzlich neben mir in dem Wändchen, während meine Füsse leicht panisch nach Halt suchten. „Lass dich nicht stressen“, sagte er noch im urigsten Dialekt. Ja klar, nein, hab ich nicht vor, ich komm da schon hoch, irgendwie, aber wie zum Teufel kannst du da so locker stehen, was mache ich hier eigentlich falsch?!

Nach dem Turm ging es besser. Handschuhe aus, die Finger direkt am griffigen und rauen Granit. An gefühlt Hundert Stellen konnte man sich wunderbar an der ausgesetzten Gratkante halten und mit den Füssen auf Reibung stehen. Unter mir ging es hundert Meter hinab auf den Gletscher, tänzelnd und balancierend schafften wir zahlreiche Kletterstellen in verschiedensten Variationen. Nach dem ersten Aufschwung bei Punkt 3722 war der Grat nicht mehr so steil, aber dafür zog sich die Kletterei im zweiten Teil lange dahin. Wie Jan so schön sagte: Es gibt kaum eine ineffizientere Art auf einen Berg zu kommen als ihn zu erklettern. Wo wir kurz zuvor noch ein Leuchten in den Augen hatten ob der tollen Kletterei und den guten Sicherungsmöglicheiten, so war nach über 5 Stunden Kletterei irgendwann die Luft raus und wir wollten nur noch hoch auf den Gipfel.

Kurz vor Beginn des Firngrates stellten wir auf „solo“ um, da ein Seil nur eine zusätzliche Mitreissgefahr bedeutet hätte auf dem anstehenden Firngrat. Auf diesem ging es die restlichen 150 hm zum Gipfel, zunächst einfach und gemütlich, in der Mitte dann aber doch steil und etwas vereist. Hier musste jeder Schritt sitzen. Einmal gestolpert, sich mit einem Eisen in der Hose zu verfangen - das wäre hier fatal gewesen. Die weisse Rutschbahn in die Tiefe erschien uns eindrücklich und sagte dem Hirn mit jedem Schritt: Pass auf wie du deine Füsse setzt!

Die Erschöpfung machte sich auch langsam bei mir bemerkbar, von der kurzen (und schlechten) Nacht, von der Kletterei, von der Höhe. Umso schöner die Aussicht vom Gipfel mit bester Sicht in alle Richtungen. Einfach bombastisch! Alleine waren wir nicht, über den Normalweg waren ganze Ameisenkolonnen aufgestiegen - von denen waren zum Glück die meisten schon wieder auf dem Abstieg, als wir oben ankamen.

Unser Abstiegsweg führte uns den Südgrat hinunter, zunächst über Firn, dann recht lange durch leichte Kletterei im ersten und zweiten Grad. Schliesslich erreichten wir das aufgeweichte Firnfeld und gingen darauf schnell hinab in Richtung Zwischenbergpass. Hier machte sich meine Erschöpfung wirklich bemerkbar: Immer wieder rutschte ich aus, schlitterte ein paar Meter hinunter, musste bremsen… sehr mühsam. Und dann nochmal 1700 hm hinunter bis nach Almagell - meine Knie würden mich hassen!

Auf der Almagellerhütte, die an einem wunderen Platz liegt, gab es Kuchen und Kaffee, und mit dieser Motivation im Bauch schafften wir es schliesslich bis hinunter nach Saas Almagell. Dort in den vollgestopften Bus nach Saas Grund, bei gefühlten 30 Grad mit Mundschutz - viel länger hätte ich es dort drin nicht ausgehalten.

Alles in allem ein herrlicher Tag, an den ich mich noch lange erinnern werde. Eine geile Tour, auf die man stolz sein kann!

Überblick über die Route
Blick auf Lagginhorn Südgrat
Alphubel Täschhorn Dom Lenzspitze Nadelh.
Ich war auch da
Gipfel-Panorama
Abstieg nach Almagell
Almagellerhütte
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