Spaghettirunde Tag 2 - Pollux & Castor
Heute ist das Wetter besser - keine Wolken am Himmel! Pollux und Castor stehen auf dem Plan, um über letzteren zum Refugio Sella zu gelangen. Doch zuerst müssen wir nochmals zum Bivaccio Rossi e Volante, weil Andreas dort beim ungeplanten Aufenthalt am Vortag sein Jäckchen vergessen hatte. Die Tschechen sind immer noch da, und Andreas' Jacke zum Glück auch. Sie hatten die Breithorn-Zwillinge morgens probiert, sind aber wegen Eis auf den Felsen doch wieder zurück gekehrt.
Wir gehen weiter zum Pollux - den ich bereits kenne. Durch leichtes Klettergelände kommen wir rasch voran in Richtung Gipfel. Die Steigeisen lassen wir jedoch an, da überall noch Schnee im Fels liegt, teilweise auch hart und etwas vereist. Es hat komplett andere Verhältnisse als vor 2 Jahren um diese Zeit.
Die Kletterstellen sind gut abgesichert mit Seilen und Ketten. Bei der ersten Querung über eine Platte, in der ein unteres und ein oberes Band für die Füsse verläuft, sollte man das obere Band wählen, da die darauf folgende Rinne von unten recht anspruchsvoll ist - wenig Tritte und kaum Griffe. Aber zum Glück gibts eine Kette, an der man sich hochwuchten kann. Aufgrund des Verkehrs an dieser Stelle ist das aber unter Umständen unangenehm, was wir im Abstieg später merken werden. Nach der Rinne folgt ein gestuftes Wändchen - auch hier gibts eine Kette, die beim Aufstieg hilft.
Dann sind wir oben bei der Madonna. Der Firngrat zum Gipfel glänzt im Morgenlicht - wie schön! Gemütlich gehen wir hoch und geniessen den tollen Blick in alle Richtungen. Noch wissen wir nicht, dass dies der letzte schöne Blick an diesem Tag sein würde.
Zurück beim Wändchen gibt es Stau. Mittlerweile sind doch einige Bergführer mit ihren Gästen vom Klein Matterhorn angekommen, und neben mir steht ein Franzose, der ständig auf Französisch mit einer Frau diskutiert, die zehn Minuten braucht, um (gesichert!) das Wändchen abzusteigen. Boah. Zuerst wollen wir abseilen, aber ein Bergführer meint, das gäbe zuviel Puff, also lasse ich Andreas ab und habe vor, nachher einfach an den Ketten abzusteigen, wie beim letzten Mal. Doch die Sache dauert, weil teilweise 3 Leute nebeneinander in dem Wändchen hängen... auch in der Rinne wirds eng. Ich drücke mich zwischen zwei Leuten hindurch und komme total gestresst irgendwann bei Andreas an. Aufgrund des lauten Gelabers neben mir hatte ich nicht mehr mit ihm kommunizieren können, sobald er um die Ecke war...
Nun ja. Im Abstieg gehen wir einen etwas anderen Weg. Immer wieder kommen ein paar steilere Steilen, die zunächst schwierig wirken, es aber dann gar nicht sind, wenn man sie richtig angeht.
Wieder unten angekommen gehts hinüber zum Castor und dessen mächtiger Schneeflanke. Kaum sind wir dort, ziehen Wolken rein und das Wetter schlägt um. Von nun an laufen wir im Nebel, und das wird sich auch nicht mehr ändern. Schade!
Die Flanke des Castors hat es noch in sich - einige Stellen sind recht steil und auch hart gefroren, sodass man doch aufpassen muss, vor allem wenn man am Seil geht. Ein Ausrutscher und beide würden unten liegen... bei sowas habe ich immer enorm Respekt - wann man besser auf das Seil verzichtet, ist gerade in solchen Situationen eine schwierige Ermessensfrage.
Ganz oben dann: Ein Eiswändchen! Das hatte ich befürchtet, sind diese zehn Meter bis zum Grat doch bekannt dafür, dass sie nicht immer so gut machbar sind. Am Einstieg befindet sich sogar noch eine kleine Spalte direkt vor den Füssen, und der Schnee ist zu weich, als dass man eine Schraube setzen könnte. Also steige ich mal rein, und zwei Meter weiter oben kommt das Eis. Oh Mann - Eisklettern. Und das zum ersten Mal wieder nach laaaanger Zeit! Ich setze eine Schraube und gehe hoch bis zum Grat, und einmal oben drüber. Auf der anderen Seite des Grats gehts ordentlich hinunter, aber der Schnee ist dafür tief genug, um darin stehen zu können. Es gibt keinen Fixpunkt oben, also sichere ich Andreas am Körper nach - was gut geht, denn über die Kante könnte ich nicht gezogen werden.
Was dann folgt ist eigentlich ein wundervoller und schmaler Firngrat zum Gipfel, und auch nach dem Gipfel geht es noch eine Weile so weiter. Aber wir sehen nichts, der Wind wird stärker, es ist kalt... schade drum.
Der Abstieg über das Felikjoch und das Felikhorn verläuft recht unproblematisch. Es ist zwar noch ein gutes Stück bis zum Rifugio Quintino Sella, aber es geht. Wir sind dennoch froh, als wir dort ankommen. Wieder so eine grosse Hütte, und ein Gastraum, der nochmal doppelt so gross ist wie im vorherigen Refugio. Verrückt.