Kathmandu
Fast drei Tage lang hatte uns die Stadt verschluckt. Eine Lebendigkeit ohne Hektik. Ihre Bewohner wie Vögel in einem riesigen Schwarm, schwimmend im dichtesten Verkehr, der ohne Regeln auskommt. Keine Schilder, keine Ampeln, keine Linien. Autos, Motorräder, Fussgänger. Ein riesiger Organismus.
Jeder geht seinem Tagwerk nach. Sitzend und stehend in ihren Garagen, manchmal zwei, manchmal sechs Quadratmeter. Sie zimmern, spenglern, reparieren, verkaufen, nähen, kochen ... jedem sein Kleingewerbe, exponiert zur Welt, zur Strasse, zu potentiellen Kunden. Manche warten den ganzen Tag, andere haben alle Hände voll zu tun. Hektik jedoch scheint es hier nicht zu geben.
Eine Wanderung durch Kathmandu zeigt auf, wie das Leben auch funktionieren kann. Irgendwie gleich, aber doch ganz anders. Schwer zu sagen, wie gut es den Menschen geht. Die Schere jedenfalls ist extrem gross. Die Frau in ihrem farbigen, aber löchrigen Gewand, die ihr krankes Baby am Busbahnhof durch die Gegend trägt und jeden Touristen um Geld anbettelt. Der alte Mann, der tagsüber auf dem Bürgersteig sitzt, vor sich eine Waage, und das Wiegen als Dienstleistung verkauft. Der Bauarbeiter, der in zwanzig Meter Höhe völlig ungesichert auf einem Gerüst aus Baumbusstäben balanciert. Der Strassenverkäufer in Thamel, der flötend, geigend oder mit einem Schachbrett als Gadget Touristen verfolgt. Das junge Pärchen auf einem Rooller, er mit Helm, sie ohne (der Sozius hat nie einen Helm...) - wohlhabend scheinend, glücklich, die uns lachend grüssen ohne etwas zu wollen. Die Inderin, die aus einem dicken Mercedes steigt und das Voranschreiten auf einer Baustelle verfolgt, auf der gerade eine junge Frau zum zehnten Mal mit einer Schale voller Zement auf dem Kopf von einem Ende zum anderen balanciert.
Es ist eine Stadt voller kleiner Geschichten. Eine Stadt, an die man sich schneller gewöhnt als einem lieb ist. Man vesinkt darin, schwimmt mit, überschreitet Strassen ohne Angst - aber der Blick bleibt niemals still, überall ist etwas, was die Aufmerksamkeit erregt. Interessant, aber anstrengend. Lebendig, aber schmutzig. Nach diesen drei Tagen wollen wir hier wieder raus - hinaus in die Natur.

Peaks! of the world