Zurück zur Liste
Grand Combin

Grand Combin

Bergsteigen/Hochtour
ZS
Datum der Tour
22.7.2023
Beginn der Tour
03:38
Ende der Tour
14:17
Aktive Zeit in Stunden
10.7 Std.
Gesamtstrecke in km
9.4 km
Aufstieg in Höhenmetern
1600 m
Abstieg in Höhenmetern
1600 m
Geringste Höhe
3036 m
Höchster erreichter Punkt
4317 m
Berg (alpin)
Combin de Grafeneire 4309 m
Aiguille du Croissant 4259 m
Combin de Valsorey 4184 m
Combin de la Tsessette 4135 m
Gebäude
Cabane de Valsorey 3037 m
Sonstiger Ort
Mur de la Côte

Schwer zu sagen, wo es genau durch geht, wenn man die schuttige Flanke von unten anschaut. Ein Grat? "Gestufte Flanke" trifft es eher. Wir frühstücken um 3 Uhr. Vor uns sind zwei andere Seilschaften bereits los gezogen. Hinter uns ist niemand mehr. Nach einer halben Stunde kommen uns die zwei Österreicher entgegen, die wir beim Abendessen getroffen haben - einem ist übel geworden und sie müssen runter. Für sie ist die Tour vorbei, für uns geht es erst los. Nun haben wir den ganzen Berg für uns.

Im Schein der Stirnlampen gehen wir den schuttigen Pfad hinauf, auf dem früher einmal ein kleiner Gletscher war. Die Wegfindung in diesem ersten Teil ist nicht immer einfach, die Schneefelder sind noch gefroren und verlangen Vorsicht. Einmal verlaufen wir uns vor einem grossen Steinblock und stehen mit den Füssen auf einer Eisschicht. Umdrehen - Steinmännchen suchen! Weiter oben wird die Spur wieder klarer, und bald stehen wir vor den ersten Aufschwüngen. Insgesamt 3 gilt es zu bewältigen.

Und wie das fast immer so ist mit den Topos: In der Realität sieht es ganz anders aus und man fragt sich: Ist das jetzt schon das Wändchen? Die Rinne, in der die Kletterstelle sein soll? An der ersten Wand suchen wir die 3er-Stelle, die im Silbernagel-Führer beschrieben ist, finden sie aber nicht. Weiter rechts sehe ich eine schräg hinauf ziehendes Band, das einfach aussieht (2er). Wir steigen dort ungesichert ein und klettern hinauf. Geht gut, wenn man auf den Schutt in der Route achtet - dennoch fühlt es sich schon etwas verwegen an, ungesichert hier herum zu klettern, ein Fehltritt oder ein ausbrechender Stein hätte fatale Folgen.

So geht es weiter - einfache Kraxelpassagen wechseln sich ab mit Gehgelände. Weiter oben holen wir das Seil heraus, sichern die 3er-Stellen ab, und gehen mit Seiltransport weiter bis zum ersten Gipfel, dem Combin de Valsorey auf 4184m. Wir haben bis hierher nur 4 Stunden gebraucht - das macht uns Hoffnung, an diesem Tag alle drei Gipfel zu besuchen.

Nach einer Frühstücksrast geht es weiter, ab jetzt in einem komplett anderen Gelände: Ein mit glänzender Schlagsahne bedecktes Gletscherfeld tut sich vor uns auf, direkt vor uns der Combin de Grafeneire, der höchste der 3 Gipfel. Fast unscheinbar ragt er auf, es ist kein Gipfelkreuz zu sehen.

Die Schlagsahne ist griffig und gut zu gehen, aber leider kommt nun mit der Sonne auch der Wind. Heftige und sehr kalte Böen treiben uns nach oben - ein Spaziergang durch die Arktis, zum Glück nicht ganz so kalt, aber sehr anstrengend. Auf das Seil verzichten wir hier, weil der Weg entlang des Grates verläuft, der Schnee noch hart ist, und keine Spalten sichtbar sind. Oben auf dem Gipfel bleiben wir nicht lange. Der Wind pfeift uns um die Ohren. Nach einem Gipfel-Selfie beschliessen wir, auch den 3. Gipfel noch zu machen - wann sollten wir dort schon anderweitig nochmal vorbeikommen?

Zunächst geht es wieder hinunter und dann über das lustige Hörnchen rüber, das sich Aiguille de Croissant nennt - offenbar kann "Croissant" auch Sichel heissen. Das sieht verwegener aus als es ist. Die Spur ist gut und die Eisen halten perfekt.

Beim Abstieg dann zur "Mur de la Cote" wird es steiler. Wir gehen ein Stück rückwärts hinunter, dann sind wir wieder auf dem "Wanderweg". Die Combin de la Tsessette wirkt endlos weit entfernt am Ende des Gletscherfeldes. Dennoch sind wir nach nicht mal einer Stunde dort, und nach weiteren 30 Minuten schon zurück an der Mur de la Cote.

Von dort nehmen wir den direkten Weg unterhalb des Hauptgipfels hinüber und zurück zum Combin de Valsorey. Der Gegenanstieg ist fürchterlich anstrengend, aber nach gut einer Stunde sind wir zurück am Gipfelkreuz, suchen uns einen windgeschützten Platz, und geniessen unsere Pause. Wir sind zufrieden: Es ist nicht einmal Mittag, wir sind ganz allein am Berg, und nun folgt "nur" noch der Abstieg. Davor haben wir Respekt, aber wir sind fit und bei bester Laune.

Beim Abstieg finden wir den besten Weg meist ganz gut - dennoch verirren wir uns manchmal in schuttige Bereiche, die sich nicht gut anfühlen und es auch nicht sind. Wie üblich gibt es fast überall irgendwelche Trittspuren und manchmal auch Steinmännchen. Wir folgen unserer Nase, mal sieht der eine was, mal der andere. Bei den 3er-Kletterstellen seilen wir zweimal ab. Nach unzähligen Abkletterstellen sind wir schliesslich wieder unten auf dem schuttigen, gut ausgetretenen Weg. Die letzten 500 hm schaffen wir in einer Stunde.

Um 14:15 Uhr sind wir wieder auf der Hütte. Die Wirtin gratuliert uns zu den drei Gipfeln, mit Kuchen wird die Tour besiegelt. Ich bin aufgedreht und voller positiver Emotionen. Der Berg hat mich begeistert. Ein wildes Erlebnis. Auf sich gestellt. Keine Leute. Allein mit der rauen Natur. Alles richtig gemacht. Spass pur!

Das nervigste an diesem Tag ist die lange Wartezeit aufs Abendessen - aber dank dem guten Wetter lässt sich auch das noch aushalten.

Erster Gipfel: Valsorey
Blick auf Hauptgipfel: Grafeneire
Auf der Grafeneire - mit viel Wind
Über die Aiguille de Croissant...
Ganz hinten rechts die Tsessette
Und hier wieder hinunter...
Die Hüttenwirtinnen beim Entspannen...
Herausgeber/Kontakt
AdventureMind GmbH
c/o J. Hassler
Grienmattweg 1
CH-4410 Liestal
info@adventurelog.io