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Nadelhorn & Stecknadelhorn

Nadelhorn & Stecknadelhorn

Mountaineering/Alpine
WS+
Date of tour
26.7.2020
Tour started at
03:12
Tour finished at
13:57
Active time in hours
10 hrs
Distance in km
11.8 km
Ascent
1306 m
Descent
2797 m
Lowest point
1814 m
Highest point
4327 m
mountain (alpine)
Nadelhorn 4327 m
Stecknadelhorn 4240 m
ridge
Nadelgrat
glacier
Hohbalmgletscher
Riedgletscher
valley
Saastal
building
Mischabelhütte 3323 m
city/place
Saas-Fee

Morgens um 2:15 Uhr kriechen wir aus den Laken. Ich habe eigentlich nicht geschlafen und leichte Kopfschmerzen - vermutlich normal auf 3400m Höhe. Frühstück, Anziehen, raus in die Kälte. Es ist kurz nach Drei, die Nacht war sternenklar. Nach den ersten Metern auf den Felsen wechseln wir auf das Firnfeld, ohne Steigeisen. Es ist hart gefroren. Zunächst denken wir uns wenig dabei, denn die Tritte sind gut. Doch wenig später wird es uns doch zu steil - ein Ausrutscher hätte uns in die dunkle Tiefe befördert. Jan kommentiert trocken: „Da habe ich wohl die Abstiegsspur erwischt“. Mit Steigeisen und Pickel gestaltet sich die Sache weit angenehmer. Es ist ziemlich dunkel, erst nach einer Weile sehen wir den Aufschwung zum Windjoch aufragen. Links von uns zwei Stirnlampen am Ostgrat der Lenzspitze: Zwei Franzosen wollen es probieren.

Um 4:30 Uhr erreichen wir das Windjoch, das seinem Namen gerecht wird. Ein beissend kalter Wind pfeift durch die Lücke. Hier verabschieden wir uns voneinander. Jan und Martin steigen in „ihrer“ Geschwindigkeit hinauf zum Nadelhorn, Andreas und ich lassen es etwas gemütlicher angehen. Nach einer halben Stunde dämmert es so langsam und wir sehen, wo wir unterwegs sind.

Es dämmert Die Welt ist noch am Schlafen, wir schon auf fast 4000 Metern, die Wolken sind unter uns, am Horizont kündet ein rotes Band die aufgehende Sonne an - was für ein Gefühl! Der Grat zum Nadelhorn ist einfach und gut zu gehen, doch der gefrorene Firn unter unseren Füssen verzeiht auch hier keine Fehler. Nach rechts geht es steil die vergletscherte Nordflanke hinunter, nach links eine steil abfallende Felswand. Wir gehen konzentriert und erreichen nach gut einer Stunde den Abzweig zum Stecknadelhorn.

Abkletterstelle auf Stecknadelgrat Um auf den Grat zum Stecknadelhorn zu kommen muss ein Felsaufschwung ausgesetzt überklettert werden. Dann sehen wir direkt auf den Grat, auf dem Jan und Martin bereits fast das Stecknadelhorn erreicht haben. Der letzte Blick auf die beiden. Wir winken, sie sehen uns nicht. Der nächste Blick nach unten. Oha, das ist also die 3er-Platte, die auf den Firngrat führt. Wir sehen ein paar Griffe, aber wir sehen auch, dass ein Ausrutscher einen Abrutscher in die Nordwand bedeuten würde, in der bedrohliche Spalten sichtbar werden. Ich baue oben einen Standplatz und lasse Andreas hinunter. Ich selbst prusike mich hinab. Es geht ganz gut, das Seil verleiht Sicherheit. Wir beschliessen, es für den Rückweg hängen zu lassen - ebenfalls eine gute Entscheidung. Später sind uns zwei Italiener dankbar, die dieselbe Idee wie wir hatten.

Der Firngrat hinüber aufs Stecknadelhorn ist wunderschön. Mittlerweile ist es es kurz nach Sechs, die Sonne ist aufgegangen. Der Grat verläuft über einige sanft geschwungene Wellen, die kontrastreich leuchten. Weiter hinten dampft eine Wolke am Hohbärghorn, viel weiter hinten der imposante Felskessel des Weisshorn-Massivs. Mein Blick schweift nach links. 300 Meter unter uns sehe ich ein halbes Dutzend Seilschafen im Aufstieg zum Dom, der mächtig wirkt, auch wenn er die ganze Zeit in der Wolke hängt. Dieser Augenblick gehört zu jenen, die sich fest in mir festsetzen. Ich schiesse eines der besten Bergfotos meines Lebens. Es sollte das letzte bisschen Sonne werden, das uns auf dieser Höhe begleitet.

Auf dem Stecknadelhorn angekommen erreicht uns eine Wolke. Wir sehen nur noch Nebel, ein eisiger Wind kommt auf. Lange pausieren wir nicht und steigen wieder hinab auf den Grat. Auf dem Rückweg sieht der Abgrund aus wie eine ebene weisse Schneefläche. Wäre die Spur nicht da gewesen, man hätte meinen können, dass man darauf gehen könnte. Am Aufschwung angekommen fängt es schon an zu schneien. In kürzester Zeit sind die Felsen eingezuckert. Wir sind froh um unser Seil, das wie eine grüne Rettungsader in der Platte hängt.

Nadelhorn Der weitere Aufstieg zum Nadelhorn geht ganz gut, dennoch will jeder Tritt überlegt sein. Der Wind wird stärker, die Felsen werden glitschiger, je mehr Schnee darauf fällt. Wo kommt dieser Mini-Schnee-Blizzard auf einmal her? Wir machen uns etwas Sorgen um unsere Kollegen - denen es jedoch gut ging, wie wir hinterher erfahren. Sehr vorsichtig erreichen wir den Gipfel und sehen nichts! Ein oder zwei Seilschaften brechen den Aufstieg ab. Auch wir bleiben nicht lange oben. Unser Glück ist die eine Stunde, die wir früher losgezogen sind - so blieb uns immerhin noch etwas Sicht am Gipfelgrat.

Beim Abstieg kommen wir unter die Wolke, es klart wieder auf. Das Ulrichshorn erscheint vor uns, dahinter wallende Wolken. Da noch hoch? „Eigentlich habe ich keine Lust“, meint Andreas, und ich stimme ihm zu. Genug Berge für einen Tag, wir haben noch einen langen Abstieg vor uns. Auf dem Gletscher befinden wir uns in einer wolkenlosen Zwischenschicht. Unter uns die lockere Watte, über uns die graue Suppe. Lenzspitze und Nadelhorn sehen wir nicht mehr, sie bleiben versteckt.

Der Abstieg zur Hütte verläuft unkompliziert. Die weiteren 1500 Höhenmeter hinab nach Saas Fee sind eine Herausforderung für meine Knie. Die ersten 500 Höhenmeter durch ewiges Blockgelände, dann wieder die Serpentinen hinunter. Faszinierend, wenn man von 4300 Metern hinunter ins Tal steigt: Oben noch die Finger abgefroren, unten 25 Grad. Wir schwitzen, kaufen ein Eis und fahren heim.

Was für ein Tag!

Es dämmert
Letzter Blick auf Jan & Martin
Gipfelaufbau des Nadelhorns
Abkletterstelle auf Stecknadelgrat
Rückblick auf plattige Stelle
Vereister Aufschwung
Seilschaften im Aufstieg zum Nadelhorn
Hohbärghorn
Stecknadelhorn
Und in der Wolke
Gut dass wir ein Fixseil haben
Nadelhorn
Ulrichshorn
Wolkenloch
Abschiedsblick
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